Heimkinder Reden
Daniel, 5 Jahre: Wie ich ins Kinderdorf kam
Erst waren wir im Kinderheim, dann haben wir meine Sachen gepackt, und dann sind wir hierher ins Kinderdorf gekommen. Katja und Claudia haben mich hergebracht, und ich und Dennis saßen hinten. Dennis ist mein Zwillingsbruder. Katja und Claudia sind die Erzieherinnen vom Heim. Da haben Dennis und ich zusammen geschlafen. Hier schlafen wir nicht zusammen. Im Heim war es schöner als hier. Da gab es größere Bäume, schönere Häuser, und einmal durfte ich mit meiner Erzieherin im Flugzeug fliegen (in den Urlaub). Bei meiner Mama hängen dreißig Bilder, viele mehr als hier. Ich wäre gern bei meiner Mama. Mein Papa war schon zweimal hier, aber meine Mama erst einmal.
Sonja, 16 Jahre: Wenn ich an ihn denke
Wenn ich an ihn denke denke ich an Trauerweiden die sich im Wind gleichmäßig wiegen
Jedoch auch an Menschen die aus lauter Eifersucht Paras schieben
Wenn ich an ihn denke denke ich an das pure Glück auf Erden zugleich aber auch an Einsamkeit die schlimmer sein kann als Magenbeschwerden
Neila, 16 Jahre: Lasst mich Freitag
Ich fühle mich gefangen, gefangen in einer Welt, der ich nicht gewachsen bin.
Ich falle tief und tiefer in das Erwachsenwerden und will das Kind in mir Unterdrücken, Einsperren und Quälen.
Ich möchte nicht wie ein Tier gefangen sein!
Alle erwarten so viel von mir, kann ich den Erwartungen gerecht werden? Ich darf nicht versagen.
Aber die Angst zu versagen ist größer als alles, was ich bisher kenne! Kann ich leben?
Ich stehe ohnmächtig meiner Entwicklung Gegenüber und weiß nicht, wie ich mich mir Gegenüber verhalten soll.
Bin ich es wert, in dieser Welt zu überleben? Ich blicke schwach und hilflos in die Zukunft.
Kann mich den niemand auffangen oder mir helfen? Wer gibt mir Antwort auf meine Fragen?
Marcel, 15 Jahre: Ich bin Marcel und wohne in einem Heim
Ich bin Marcel und wohne in einem Heim, im H.-Haus in U. Ich habe vorher bei meiner Mutter gelebt!
Mit 5 Jahren wollte ich dann zu meinem Vater ziehen. Meine Eltern leben getrennt. Als ich klein war, ist meine Mutter immer mit mir abgehauen, von meinem Vater weg zu anderen Männern.
Als ich 2 oder 3 Jahre alt war, kannte ich meinen Vater gar nicht. Immer wenn er mich für ein Wochenende holen wollte, hat meine Mutter ihn nicht rein gelassen, oder ich wollte nicht mit ihm fahren. Ich habe geschrieen und gekratzt. Nach einem Jahr wurde mir dann klar, dass das mein Vater ist, der mich immer abholen kommt.
Nach drei Jahren zog ich dann zu ihm, und mir ging es gut. Mit sechs Jahren wollte ich zu meiner Mutter zurück. Ich weiß bis heute nicht, warum ich diesen Fehler gemacht habe.
Dann ging es los. Ich war in H. auf der Grundschule. Ich wurde fertig gemacht, geschlagen, und zu Hause bin ich auch nur geschlagen worden. Man hat mich an das Bett gefesselt und mit dem Gürtel geschlagen, und auch so bin ich nur geschlagen worden. Es sind bestimmt 14 Kochlöffel kaputtgegangen, nur weil sie an mir kaputtgeschlagen worden sind.
Ich haue öfters kleine Kinder. Das will ich eigentlich gar nicht. Aber manchmal habe ich mich nicht unter Kontrolle.
Vielleicht kommt das, weil ich selber früher immer geschlagen worden bin.
Jetzt fühle ich mich wohl.
Marcel, 11 Jahre:
Wie es am Anfang für mich war Erst war es für mich ein Schock! Als ich ins Kinderhaus kam. Ich kannte die Erzieher nicht mal. Als ich dann hierher kam, war ich 5 Jahre alt. Ich habe mich immer in einem Karton versteckt. Hubert& Monika, so heißen die Erzieher, konnten mir nur Fragen stellen, die ich mit ja oder nein beantworten konnte, sonst hätte ich nicht geantwortet. Meine Eltern sind geschieden. Wir haben mit dem Jugendamt ausgemacht, dass ich 2 Wochen im Kinderhaus bin, 1 Wochenende bei meiner Mutter, 2 Wochen wieder im Kinderhaus und 1 Wochenende bei meinem Papa bin. Ich habe mich jetzt sehr gut eingewöhnt. Ich kenne meinen Papa jetzt ein Jahr lang. Am Anfang kannte ich meinen Papa erst durchs Briefe schreiben und durchs Telefon. In der Schule bin ich in einem Notendurchschnitt von 3,3. Ich wünschte mir, in eineinhalb Jahren zu meinem Papa zu ziehen. Nur das glaube ich nicht, weil ich mich jetzt gut eingewöhnt habe. So genau weiß ich es nicht mehr. Aber Hauptsache ist, dass ich gesund bin, dass ich ein Dach über dem Kopf habe und gut ernährt werde. Meine Hobbys sind Fußball spielen und schwimmen. Ich finde, dass es mir gut geht